Dienstag, 19. Januar 2016

Das Fräulein Grete Meier und der Schneemann

Das Fräulein Grete Meier und der Schneemann

Völlig durchgefroren klammerte sich das Fräulein Grete Meier an ihrer Tasse Tee fest. Kein  Lieschentee. Der war nämlich alle. Zu ihrem Leidwesen. Denn den hätte sie gebrauchen können. Aber sowas von. Grete tunkte ein Haferflockenplätzhen in die heiße Flüssigkeit. "Autsch", entfuhr es ihr, als sie den Keks in den Mund steckte. "Scheiße, ist das heiß!" Herrjeh, dachte sie, wenn Luis jetzt ... aber ein Blick auf den kleinen Kerl, der ihr gegenüber auf dem Sofa lag und selig am Daumen nuckelte - und sie war beruhigt. Sie atmetet tief ein und lehnte sich in ihrem Sessel zurück. Wie süß er doch aussieht, wenn er schläft. Als könne er kein Wässerchen trüben. Vor ein paar Stunden noch ...Gretes Gedanken schweiften ab.

Nee, was hatte sich die Grete gefreut, als Frau Heber sie gebeten hatte nachmittags auf Luis aufzupassen. Das hatte sie schon lange nicht mehr getan. Frische Haferflockenplätzchen mussten natürlich sein und so war die Grete an ihrem freien Tag schon recht früh aufgestanden. Als Ftrau Heber dann den Luis brachte, duftete die ganze Wohnung nach den Plätzchen. Kakao stand auch schon bereit. Natürlich stürzte sich Luis gleich darauf. Seelig vor sich hinschmatzend saß er brav bei Grete in der Küche. Frau Heber hatte noch ein "Mensch ärgere dich nicht - Spiel" mitgebracht. "Wissense Frau Meier, Luis spielt das momentan so gerne!" Was sie wohl unerwähnt ließ, war die Tatsache, dass Luis zwar gerne spielte, aber nur solange, bis Grete eines seiner Figürchen wieder zurück ins Häuschen beförderte. Danach brach die Hölle über Grete hinein. Spiel und Figuren landeten auf dem Boden und Luis schrie so laut, dass Herr Heinevetter an der Türe Sturm klingelte, weil er dachte, Grete wäre Einbrechern zum Opfer gefallen. Oder umgekehrt. 
Gemeinsam schafften sie es dann Luis zu beruhigen. Ich muss nicht erwähnen, dass eine Tafel Schokolade einiges, vielleicht sogar das meiste, dazu beitrug. Nun, für eine kleine Weile herrschte Ruhe. Bis, ja bis Luis plötzlich aus dem Fenster sah. "Schnee, Tante Meier, Schnee .. wir müssen einen Schneemann bauen!" Aufgeregt rannte er zum Fenster, kletterte auf  einen Stuhl und trommelte mit beiden Händen gegen die Scheibe. "Es schneit, es schneit!" 
"Ach, Luis", lachte Herr Heienvetter. "Das sind doch nur ein paar Flocken!" Er drehte sich zu Grete um und grinste. "Kinder!" Doch das Grinsen sollte ihm bald aus dem Gesicht fallen. Denn Luis ließ nicht locker. Er bettelte, greinte und zeterte solange, bis sich Grete erbarmte. Notgedrungen. Sie zog Luis seine Jacke an und mangels eigener Handschuhe kramte sie ein paar Wollhandschuhe und eine alte Wollmütze von sich hervor und staffierte Luis damit aus. Zumindest das, ließ er wehrlos über sich ergehen. Die Aussicht auf das Vergnügen einen Schneemann zu bauen, war dann doch stärker als das Tragen einer pinkfarbenen Mütze mit Bommel. Herr Heinevetter schlich sich schnell davon. "Diese Kälte is nix für meine Knochen. Arthritis, sie verstehen doch Frau Meier ...! Und weg war er, nicht ohne noch eine Handvoll Haferflockenplätzchen einzustecken. 
Draußen war es eisigkalt. Und außer ein paar kleiner Flocken, eher Flöckchen, war von Schnee nichts zu sehen. "Im  Park, Tante Meier, ganz bestimmt im Park ...!" Luis ließ nicht locker und so  spazierten beide in den Park. Eine halbe Stunde Fußweg. Natürlich gab es auch da keinen Schnee. Nur einen heulenden Luis.Grete war kalt, sie zitterte. Luis tat es ihr gleich, was ihn allerdings nicht davon abhielt weiter zu quengeln. Grete wurde es nun zu bunt. "Luis, hier gibt es keinen Schnee. Und auch nicht woanders. du siehst ganz verfrren aus. Wir müssen jetzt sofort nach Hause. Deine Mutter wird schimpfen, wenn du morgen krank bist. Und dann darfst du nächstes Mal nicht mehr zu mir, wenn deine Mutter was vorhat. Bleibt also nur Herr Heinevetter, der dann auf dich aufpasst. also keinen Kakao und keien Haferflockenkekse!". Das zog, denn Luis wurde augenblicklich still. Man sah ihm förmlich an, dass es hinter seiner kleiner Stirn ratterte. " Nee, nich der olle Heinevetter. Aber ich will doch einen Schneemann bauen ... !" Wieder schluchzte er. 
Grete wurde ganz weich. "Weisste Luis, es sind noch so viele Haferflockenplätzchen da. Und ich habe jede Menge Samrties und Puderzucker. Daraus machen wir feinen Zuckerschnee und bauen aus den Plätzchen einen Schneemann. .."   

Grete trank einen Schluck Tee und schmunzelte. Genauso hatten sie es gemacht. Die Küche sah zwar momentan wie ein Schlachtfeld und Luis ... immerhin schien es ihm gefallen zu haben. Kein Geschrei, kein Gezeter, nur friedliche Stille. Und Zuckerguss. Überall. 
Grete stand auf und ging zu Luis hinüber. Liebevoll strich sie ihm über die geröteten Wangen. Dann nahm sie ihm ganz vorsichtig den kleinen Haferflockenschneemann aus dem Arm. Nicht, dass er noch schmilzt.  


 

 

1 Kommentar:

  1. Ach wie herrlich, diese Geschichte.
    Gut, dass die Grete mit so viel Fantasie den kleinen Luis besänftigen und zufriedenstellen konnte. Und auch die Grete war mit sich und der Welt zufrieden und glücklich. Was so ein kleiner süßer Schneemann alles bewirken kann.
    LG
    Astrid

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...